Die Masterclass beim Stilpirat Steffen Böttcher
Ich verfolge Steffen „Stilpirat“ Böttchers Arbeit nun schon seit längerem und konnte ihn bereits Ende 2011 bei der Knackscharf-Tour persönlich kennenlernen und seinem Workshop beiwohnen. Ende letzten Jahres lies ich mich dann endlich von einem guten Fotografie-Freund mitreissen und habe für Januar die Masterclass im frisch eröffneten Heidestudio gebucht.
Ich muss sagen, dass ich sehr gespannt war, an welcher Stelle mich dieser Workshop weiterbringt, bzw. was ich aus der Nordheide mitnehmen werde. Bei Kollegen, die vor mir bereits bei Steffen waren hatte ich gelesen, dass er Anfangs die Frage stellt, warum wir jeweils dort sind. Nach einer ganzen Weile überlegen konnte ich nur antworten, dass ich es (noch) nicht weiß!
Das Heidestudio
Wenn man Steffens Social-Media Kanäle und seinen Blog verfolgt bekommt man eine ganze Menge aus seinem Business- und auch Privatleben mit. Alleine dadurch hat man schon das Gefühl ihn halbwegs gut zu kennen. Bei Instagram und Twitter hab‘ ich auch von der Eröffnung des Heidestudios und der Fertigstellung der Gästezimmer gelesen. Ein Spitzenkonzept, wie ich finde – wir sind nämlich zu dritt per Zug bereits am Vorabend angereist und konnten uns bei einem ersten Bierchen mit Steffen bereits an die wunderbare Atmosphäre des Hauses gewöhnen. Zudem waren wir drei am ersten Tag der Masterclass dann auch richtig ausgeschlafen und fit – eine sechsstündige Anreise frühmorgens hätte mir den ersten Tag glaube ich echt vermiesen können…
Die Masterclass
Wir starteten also am Dienstag früh um 10 Uhr mit einem gemeinsamen, super reichhaltigen Frühstück in den ersten Tag der Masterclass. Christian und Micha waren ja schon mit mir angereist; Timm und Patrick kamen kurz vor zehn dazu, und nach der Vorstellungsrunde bei jeder Menge zimtverfeinertem Kaffee (Christina weiß eben, wie’s geht 🙂 ) ging es ans Eingemachte.
Steffen zeigte uns anhand vieler Bildbände und deren Hintergrundstories, wo seine Inspirationsquellen liegen. Im gesamten Haus liegen überall Bildbände in und auf den Regalen. Mode- und Designzeitschriften finden sich im Überfluss – auch die Wände sind bereits dicht behangen mit Drucken in unterschiedlichen Formaten seiner Bilder. Gedruckte Inspirationen sind allgegenwärtig!
Nebenbei wird immer wieder klar, welch guter Geschichtenerzähler er ist. Wer schon eines seiner Bücher gelesen hat, weiß das sicher bereits…
Beeindruckend sind natürlich auch die vielen verschiedenen Kameras in den Räumen. Auf jedem Schrank und in jeder Ecke steht mindestens eine. Vor allem die analogen Großformat-Maschinen strahlen eine unglaublich anmutige Stimmung aus. Eigentlich sollte es mal einen rein analogen Workshop in diesem Studio geben…
Shootings & Aufgaben
Am Nachmittag hat uns Steffen mit seinem Model Lena gezeigt, wie er an ein Shooting rangeht. Da wir draußen noch sehr tolles Licht hatten, sind wir mit Lena raus gegangen und haben versucht ein Bild aus Steffens Moodboard nachzustellen. Das ist uns zwar nicht ganz so gelungen wie geplant, da wir sehr schnell das Sonnenlicht verloren hatten und die Location mit den benachbarten Häusern nicht so ganz optimal war, aber Improvisieren will auch geübt werden, und so ist doch ein ganz ordentliches Ergebnis entstanden. Übrigens gab es dabei kein „Rudelknipsen“… Eigentlich hatte nur Steffen fotografiert und uns erklärt wie er vorgeht – fotografieren können wir ja alle schon einigermaßen, da ist es für mich auf jeden Fall spannender zuzusehen und zu verstehen, wie der Stilpirat arbeitet und für die richtige Stimmung sorgt. Das Bild unten habe ich mit Systemblitz und Schirm geschossen; eigentlich mehr um zu testen, ob der kleine Blitz mit Steffens Ranger mithalten kann 😉
Weiter ging’s drin – draußen war einerseits das Licht schon hinter den benachbarten Häusern verschwunden, andererseits wurde es auch langsam unangenehm kühl…
Im Studio gibt es zwei schwere Vorhänge, mit denen man wunderbar das Tageslicht zu einem Striplight formen kann. Auch hier hat wieder hauptsächlich Steffen selbst fotografiert und erklärt, was er gerade tut, wonach er sucht und was ihm dabei wichtig ist. Wir haben bis zu Abendessen dann noch viel mit Licht experimentiert und verschiedene Looks getestet – Danke, Lena für das geduldige rumliegen – zum Glück hat das Studio eine Fußbodenheizung 😉
Portfolio-Review
OK, Hosen runter – nach dem sehr intensiven Tag und extrem leckerem Abendessen (Danke Christina!) ging es also an die Portfolio-Review. Jeder von uns sollte sein aktuelles Portfolio, bestehend aus maximal 20 Bildern, mitbringen. Sehr spannend war daran die extrem unterschiedliche Präsentation. Von der DIN-A3+ Hauck Mappe bis zu einfachen 10×15 Abzügen war alles dabei. Klar ist eine riesengroße Mappe auf dem Tisch sehr beeindruckend, bewertet und besprochen wurde trotzdem jedes Bild ohne sich von der Art der Präsentation ablenken zu lassen.
Was mein Portfolio angeht habe ich viel Begeisterung für meine (Licht-)technischen Umsetzungen geerntet, aber auch ordentlich Kritik für Ausdruck und Posing meiner Protagonisten eingesteckt… Im Nachhinein denke ich, dass ich teils wohl zu sehr nach technischen Aspekten ausgewählt hatte; sind mir doch zurück daheim einige Bilder aus den jeweiligen Serien aufgefallen, die wahrscheinlich deutlich ausdrucksstärker sind als die, die ich gezeigt hatte. Aber aus Fehlern lernt man, und so werde ich zukünftig wohl noch etwas andere Aspekte bei meiner Portfolioauswahl bedenken und mir auch schon beim fotografieren mehr Gedanken machen, welche Geschichte ich erzählen will…
Zweiter Tag
Nach dem Frühstück und entspanntem Plausch querbeet durch alle möglichen fotografischen Themen (von der besten Umhängetasche die es gibt bis zu neusten Kameramodellen) wurden die Aufgaben für den Tag festgelegt:
- ein Business-Portrait von unserem heutigen Model Bertan
- ein „freies“ Bild von Bertan
- ein Coverfoto für Steffens Hörbuch das demnächst erscheinen soll
Das spannende am Business-Bild mit Bertan war aber die Aufgabenstellung: Wir sollten ihn wie einen Kunden behandeln, vorher in einem kleinen Interview entsprechend für angenehme Stimmung sorgen und dann ohne Kamera oder Lichtsetting zu ändern ein Bild von ihm machen.
Das interessante daran: Jeder von uns hat ein wirklich sichtbar anderes Bild von Bertan geschossen. Je nach Stimmung, die man transportiert sieht Bertan natürlich auch auf den Bildern anders aus, und so sind fünf verschiedene Fotos entstanden – ein Portrait ist immer auch ein Selbstportrait (q.e.d)!
Nach dem Business-Shooting gab es übrigens jeweils eine individuelle Kritikrunde von Steffen und Bertan, bei der es für mich von beiden gutes Lob für mein Vorgehen gab – irgendwas läuft da scheinbar schon halbwegs richtig 🙂
Die zweite Aufgabe war die Umsetzung einer eigenen Idee mit Bertan. Das Moodboard für meine Idee war schnell aus ein paar Modemagazinen zusammengestellt, und ich bin mit Bertan, Christian und Patrick als Licht-Helfer raus auf die Straße um die folgenden beiden Bilder zu schießen:
Als ich bei Michas Shoot geholfen habe ist dann noch folgender Sideshot von Bertan entstanden – nicht wirklich gut fokussiert, aber ich mag ihn trotzdem 🙂
Für die dritte Aufgabe – ein Coverfoto für Steffens Hörbuch – hatte ich sofort die Lichterkette vor dem Studio im Sinn. Trotz fehlendem Moodboard konnte ich ihn auch schnell mit meiner Idee anstecken, und es entstand das nachfolgende Bild. Übrigens wäre in der dunklen Hecke sehr gut Platz für die Typo 😉
Den Rest des Abends verbrachten wir nach dem köstlichen Abendessen mit der Bildbesprechung der gemachten Fotos, Kritik unserer jeweiligen Vorgehensweise bei den Shootings und ein paar Workflow-Tipps.
Zurück zum Anfang
Kann ich jetzt vielleicht die Frage vom Anfang beantworten, warum ich im Heidestudio war? Auf jeden Fall!
Einerseits habe ich einen wahnsinnig offenen und sympathischen Steffen Böttcher näher kennen gelernt, und viel seiner Begeisterung für die Fotografie gespürt und auch für mich mitgenommen. Andererseits wurde mir klar, dass ich mich zukünftig sehr viel mehr auf Bildaussage als auf technisch gut gemachten Inhalt konzentrieren will. Klar ist eine ordentliche technische Ausführung wichtig, aber auch irgendwie selbstverständlich. Viel wichtiger wird mir in Zukunft eine klare Körpersprache der Protagonisten und eine emotionale Aussage im Bild werden. Und das erfordert es vielleicht auch manchmal die Technik etwas zurückzunehmen.
In jedem Fall wird mein Archiv an Bildbänden sehr stark wachsen, und die entsprechenden Inspirationsquellen werden zu ausführlichen Moodboards und Ideensammlungen verarbeitet. Ich bin gespannt, wie mich das beeinflusst und in welche Richtung es meine Fotografie treibt.
Danke
Danke Christina, Danke Lena, Danke Bertan, Danke Steffen für zwei wundervolle Tage mit viel Input, bester Verpflegung, sehr viel Offenheit und Einblick in dein Leben. Danke für einen frisch gewaschenen Kopf zum Überdenken der aktuellen Bildsprache und Ideen, jeder Menge zu schauenden Filmen, zu machenden Reisen.
Diese Masterclass wird meine Fotografie nachhaltig beeinflussen – dessen bin ich mir sicher!
Große Ziele, große Schritte – kleine Ziele, kleine Schritte.
Valentin
24.01.2014Dein Artikel macht Freude. Danke für Deine lobende Erwähnung… 🙂
timm ziegenthaler
25.01.2014Der Bericht: Grosses Kino & Liebevolle Details.
Lucky
25.01.2014@Valentin: Gerne doch! Falls ihr mal noch ein Promotion-Modell abzugeben habt, erkläre ich mich gerne bereit 😉
@Timm: Vielen Dank!
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